Wie sich unser Essverhalten auf Gefühle, Gedächtnis, Verhalten und unsere seelische Gesundheit auswirkt.
Es ist erstaunlich: Unsere Ernährung bestimmt maßgeblich mit, welche Neurotransmitter in unserem Gehirn zur Verfügung stehen, und diese Neurotransmitter wirken sich auf unsere Gefühle, Gedächtnis, Stimmungen und letztlich auf unser Verhalten (!) aus.
Die Zusammenhänge sehen folgendermaßen aus:
1) Serotonin und der Darm:
Serotonin ist ein Neurotransmitter, der uns über das Zentralnervensystem das Gefühl der Gelassenheit, inneren Ruhe und Zufriedenheit ermöglicht. Die Serotoninproduktion erfolgt im Dünndarm durch sogenannte „enterochromaffine“ Zellen. Das sind spezielle endokrine Zellen, die zusammen mit den Darmbakterien 90% (!) unseres Gesamtbedarfs an Serotonin produzieren.
2) Serotonin, Ernährung, Bauchfett und Depression:
Bestimmte Entzündungsbotenstoffe (sogenannte Zytokine) können die Ausschüttung von Botenstoffen im Gehirn beeinflussen. Je höher der Anteil des Bauchfettes, desto mehr solche Zytokine werden im Körper produziert und führen zu einer Reduktion der Serotoninproduktion. Serotoninmangel führt in weiterer Folge sehr häufig zur Depression. Konkret: Steigt der BMI auf 25 und darüber, erhöht sich aufgrund der erhöhten Zytokine die Anfälligkeit für Depressionen deutlich.
Zur Prophylaxe (Vorbeugung) und zur Behandlung von Depressionen hilft eine Ernährung mit Gewürzen, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren besonders gut. Eine antientzündliche, fett- und v.a. zuckerarme Ernährung empfiehlt sich zur Reduktion von depressiven Symptomen ebenso wie ein hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren.
3) Vitamin D und Depression:
Vitamin D-Defizite stellen ein weltweites Problem dar und werden mit einer Vielzahl von Krankheiten in Verbindung gebracht, darunter auch mit der Depression. Menschen mit depressiven Symptomen weisen signifikant niedrigere Vitamin-D-Spiegel im Blut auf als gesunde Personen. Die Hypothese, dass eine Vitamin-D-Supplementierung depressive Symptome verbessern kann, wurde in mehreren Studien bestätigt.
4) Darmmikrobiom:
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Beschaffenheit des Darmmikrobioms einerseits sowie Gehirn und seelischer Befindlichkeit andererseits. Pro- und Präbiotika wie Gemüse, Vollkorngetreide, Joghurt oder Kefir fördern eine gesunde Bakterienzusammensetzung im Darm. Über zentrale Nervenbahnen wirken sich bestimmte Stoffwechselprodukte der Darmbakterien günstig auf das seelische Gleichgewicht aus.
5) Ernährung und Gedächtnis: Keine guten Nachrichten für Chips & Co.
Erhöhtes Körperfett führt zu einer Reduktion des sogenannten Nervenwachstumsfaktors im Gehirn, einer Substanz, die Neuronen und deren Verbindungen stärkt. Je fetter die Ernährung, desto durchlässiger wird die Blut-Hirn-Schranke, was erklärt, warum gewisse Regionen des Gehirns, die für Gedächtnis, räumliche Navigation und Neurogenese zuständig sind, betroffen sind.
Positiv formuliert: Fasten (Kalorienreduktion um mindestens 30% über mehr als zwei Monate) hat in mehreren Studien mit Menschen in unterschiedlichen Lebensaltern jeweils zu einer deutlichen Verbesserung der Gedächtnisleistung geführt.
6) Angstzustände und Junkfood (!)
Mehrere Studien haben eindeutig einen Zusammenhang zwischen Junkfood und Stimmungsschwankungen bei Kindern und Jugendlichen belegt. Die Qualität der Ernährung hat einen deutlichen Einfluss auf die psychische Gesundheit von Teenagern.
Blutuntersuchungen zeigten, dass dabei die Aminosäure Tyrosin eine große Rolle spielt. Sie ist die Ausgangssubstanz für den Botenstoff Dopamin, ein Neurotransmitter, der oft als Glückshormon bezeichnet wird. Bei einer eiweißreichen Ernährung nehmen wir mehr Tyrosin auf, wodurch mehr Dopamin gebildet werden kann. Das verbessert und stabilisiert unsere Stimmung. Gesunde Lebensmittel könnten daher psychischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen bei Teenagern vorbeugen und sogar zur Behandlung eingesetzt werden, lautet das Fazit der Studienverfasser.
Was tun? Wie sieht entzündungshemmende und gehirnleistungsfördernde Ernährung aus?
So wenig "leere" Kohlenhydrate (süße Getränke, helle Backwaren, zuckerreiche Speisen) wie möglich, stattdessen hauptsächlich ballaststoffreiche Vollkornprodukte. Sie sättigen und unterstützen eine gesunde Darmflora.
Mehr Eiweiß- und Gemüsezufuhr. Zu empfehlen ist pflanzliches Eiweiß aus Nüssen, Kernen, Hülsenfrüchten und Pilzen. Gemüse, Obst und Kräuter liefern entzündungshemmende sekundäre Pflanzenstoffe. Die besonders in fettem Seefisch (Lachs, Hering, Makrele) sowie in Leinöl und Walnussöl enthaltenen Omega-3-Fettsäuren unterstützen den Organismus dabei, Entzündungen zu bekämpfen.
Notfallration: Für den „Fall der Fälle“ gesunde Naschereien, zum Beispiel Nüsse, Trockenfrüchte, Gemüse-Chips oder dunkle Schokolade…
Ausreichend trinken: insgesamt zwei Liter am Tag oder mehr. Zu empfehlen sind Wasser und ungesüßte Tees, jedenfalls keine zuckerhaltigen Getränke.
Sehenswert und verfügbar bis 6.5.2023:
Conclusio: Dass gesunde Ernährung zu einer Verbesserung der körperlichen Gesundheit und Befindlichkeit führt, ist seit langem bekannt. Viel verändert hat sich im Essverhalten seitdem aber nicht, im Gegenteil, die Ernährungsgewohnheiten in Österreich haben sich weiter in Richtung fett- und kohlehydratreicher sowie verarbeiteter Lebensmittel verstärkt.
Wenn uns nun endlich bewusst wird, wie sehr auch unser Gehirn und unsere seelische Gesundheit durch unsere Ernährung beeinflusst werden, sollten wir innehalten und unser Essverhalten an die Bedürfnisse des Körpers und der Psyche anpassen – und nicht umgekehrt.
Wir haben die Möglichkeit, diese Chance zu nutzen. Es liegt an uns.
Hinweis: Dieser Artikel beinhaltet ausschließlich Ergebnisse aussagekräftiger und publizierter Studien. Er ersetzt jedoch keine ärztliche Konsultation oder Ernährungsberatung. Fasten und Kalorienreduktion sind ausschließlich für Menschen mit einem BMI > 19,5 geeignet.
Literatur:
Felice Jacka et. al: Moving towards a population health approach to the primary prevention of common mental disorders“ (2012)
Manuela Macedonia: „Iss dich klug! Und dein Gehirn freut sich“ (2021)
Kerstin Oltmanns et al.: „Gute Ernährung kann helfen, Depression zu lindern“ (2022)
Lyna Begdache et al: „Dynamic associations between daily alternate healthy eating index, exercise, sleep, seasonal change and mental distress among young and mature men and women“ Journal of Affective Disorders Reports (2021)
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